S-Kultur: Kulinarreteien

Von zwei fränkischen kulinarischen Verirrungen ist hier zu sprechen: beide fangen mit einem harten "B" an und erfreuen sich beim geneigten Verzehr-Publikum großer Beliebtheit - die Rede ist von "Palazzo" und von "Baggers".

 

Die unterschiedliche Richtung der Verirrung zeigt sich beim einen (Palazzo) als (möglicherweise unbeabsichtigte) Abwertung. Ein an und für sich sehr ordentliches kulinarisches Angebot wird dadurch dekuvriert, dass man es in Hetze und gedrängter Zeit zu sich nehmen muss, dass man zum lästigen Multitasking zwischen Würdigung der Geschmacksnerven und einem akustisch/visuellen Dauerfeuer aus Comedy-Quatsch, Gliederverrenkung und Zauber-Kokolores gezwungen wird. Es scheint, als habe der Theater-Direktor aus Goethes "Faust"-Vorspiel die Parole verkündet: "Gebt nur mehr und immer, immer mehr … sucht nur die Menschen zu verwirren, sie zu befriedigen ist schwer."

Einen anderen Irrweg geht die Event-Lokalität namens "‘s Baggers", nämlich den der vermeintlichen Aufwertung. Ein äußerst dürftiges kulinarisches Angebot (vorsichtig formuliert!) wird dadurch aufgepimpt, dass die Speisen topfweise auf kleinen Achterbahn-Schienen an die Tische katapultiert werden und dass man seine Essenswünsche an einem Tablet-Computer eintippen kann. Angesichts dieser technologischen und logistischen Effekte scheint der Gast zu übersehen, dass er mit bescheidener Convenience- und Fast-Food-Kost abgespeist wird, wie sie sonst nur noch in schlechten Autobahn-Gaststätten oder Seniorenheim-Kantinen zu finden ist.

 

Gemeinsam ist den beiden Kulinarreteien die fränkelnde Anbiederung auf der Speisenkarte, obwohl das gebotene Essen meilenweit von ehrlicher regionaler Küche entfernt ist, und die innenarchitektonische Zumutung, die als Ambiente eigentlich abschreckend wirken müsste. Alexander Herrmanns "Palazzo" präsentiert sich als plüschige Mischung aus Edel-Puff und Wanderzirkus, das Lokal "‘s Baggers" - idyllisch gelegen in der Industriebrache zwischen Nürnberg und Fürth - hat den diskreten Resopal-Charme einer Mitropa-Gaststätte oder einer billig renovierten Fabrikhalle.

 

Dass man in beiden Fällen zu viel Geld für zu wenig Qualität oder für zu wenig kulinarische Konzentration ausgeben muss, rundet den traurigen Gesamteindruck ab.


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